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Thüringer Beamtengesetz (ThürBG): § 72 Beihilfe
Vierter Unterabschnitt
Fürsorge und Schutz
§ 72 Beihilfe
(1) Beihilfe wird als Ergänzung der aus den laufenden Bezügen zu bestreitenden Eigenvorsorge gewährt. Beihilfeberechtigt sind
1. Beamte und entpflichtete Hochschullehrer,
2. Versorgungsempfänger sowie frühere Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit oder Erreichens der Altersgrenze entlassen worden oder wegen Ablaufs der Dienstzeit ausgeschieden sind und
3. Witwen und Witwer oder hinterbliebene eingetragene Lebenspartner sowie die Waisen der unter den Nummern 1 und 2 genannten Personen,
wenn und solange ihnen laufende Besoldung oder Versorgungsbezüge gezahlt werden. Die Beihilfeberechtigung besteht auch, wenn Bezüge wegen Anwendung von Ruhens- oder Anrechnungsvorschriften nicht gezahlt werden.
(2) Berücksichtigungsfähigen Angehörigen der beihilfeberechtigten Personen wird auch Beihilfe gewährt. Berücksichtigungsfähige Angehörige sind
1. der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner, wenn der Gesamtbetrag seiner Einkünfte (§ 2 Abs. 3 in Verbindung mit § 5a des Einkommensteuergesetzes) im zweiten Kalenderjahr vor der Stellung des Beihilfeantrags 18.000 Euro nicht übersteigt und
2. die Kinder, die im Familienzuschlag nach dem Thüringer Besoldungsgesetz berücksichtigungsfähig sind.
(3) Beihilfe wird grundsätzlich nur zu notwendigen, nachgewiesenen und der Höhe nach angemessenen Aufwendungen
1. in Krankheitsfällen,
2. in Pflegefällen,
3. für die Behandlung von Behinderungen,
4. für die Früherkennung von Krankheiten und für Schutzimpfungen,
5. in Geburtsfällen, für künstliche Befruchtung, für Maßnahmen der Empfängnisregelung und -verhütung sowie in Ausnahmefällen bei Sterilisation und Schwangerschaftsabbruch sowie
6. bei Organspenden
gewährt. Die Aufwendungen für den Besuch schulischer oder vorschulischer Einrichtungen und für berufsfördernde Maßnahmen sind nicht beihilfefähig.
(4) Beihilfe kann als Vomhundertsatz der beihilfefähigen Aufwendungen (Bemessungssatz), als Pauschale oder im Wege der Beteiligung an den Kosten personenbezogener Leistungen von Leistungserbringern gewährt werden. Der Bemessungssatz beträgt grundsätzlich
1. 50 vom Hundert für den Beihilfeberechtigten nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1,
2. 70 vom Hundert für den Beihilfeberechtigten nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 und 3,
3. 70 vom Hundert für den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner und
4. 80 vom Hundert für ein Kind sowie eine Waise, die als solche beihilfeberechtigt ist.
Sind zwei oder mehr Kinder berücksichtigungsfähig, beträgt der Bemessungssatz für den Beihilfeberechtigten nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 70 vom Hundert; bei mehreren Beihilfeberechtigten beträgt der Bemessungssatz nur bei einem, von ihnen zu bestimmenden Berechtigten, 70 vom Hundert. Für Beihilfeberechtigte, die freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung sind, erhöht sich der Bemessungssatz auf 100 vom Hundert der Aufwendungen, die nach Abzug der zustehenden Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung von den beihilfefähigen Aufwendungen verbleiben. Dies gilt nicht für Aufwendungen, für die die gesetzliche Krankenversicherung keine Leistungen erbringt. Minderungen durch beihilferechtliche Eigenbehalte sind zu berücksichtigen. Die oberste Dienstbehörde, im Bereich des Landes das für das Beihilferecht zuständige Ministerium, kann in besonders begründeten Ausnahmefällen, die nur bei Anlegung des strengsten Maßstabs anzunehmen sind, die Bemessungssätze erhöhen und Beihilfe unter anderen als den in diesem Gesetz und in der auf der Grundlage des Absatzes 7 erlassenen Rechtsverordnung geregelten Voraussetzungen gewähren.
(5) Beihilfe darf zusammen mit den von dritter Seite aus demselben Anlass gewährten Leistungen die dem Grunde nach beihilfefähigen Leistungen nicht übersteigen. Die Beihilfe hat die Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, zu berücksichtigen. Nicht beihilfefähig sind Aufwendungen von Beihilfeberechtigten, denen Leistungen nach § 103 zustehen.
(6) Auf Antrag der beihilfeberechtigten Person wird anstelle der Beihilfe zu den Aufwendungen nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 bis 6, die nach Absatz 4 zu bemessen ist, eine pauschale Beihilfe gewährt, wenn die beihilfeberechtigte Person freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder mindestens in entsprechendem Umfang in einer privaten Krankenversicherung versichert ist und den Verzicht auf Beihilfe zu den Aufwendungen nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 bis 6 erklärt. Die pauschale Beihilfe bemisst sich nach der Hälfte des nachgewiesenen Krankenversicherungsbeitrags, bei privater Krankenversicherung höchstens nach dem hälftigen Beitrag einer Krankenversicherung im Basistarif. Bei einer privaten Krankheitskostenvollversicherung ist der Nachweis zu erbringen, dass das Versicherungsunternehmen die Versicherung, die Grundlage des Versicherungsvertrags ist, nach den Voraussetzungen des § 257 Abs. 2a Satz 1 SGB V betreibt. Die pauschale Beihilfe wird monatlich zusammen mit den Bezügen gewährt. Bei der Bemessung der pauschalen Beihilfe werden die Beiträge für die Krankheitskostenvollversicherung für die nach Absatz 2 Satz 2 berücksichtigungsfähigen Angehörigen entsprechend Satz 2 berücksichtigt. Der Antrag auf die Gewährung der pauschalen Beihilfe und der Verzicht auf Beihilfe zu den Aufwendungen nach Absatz 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 bis 6 sind unwiderruflich und bedürfen der Schriftform nach § 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Bei einem Wechsel aus der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung in ein Versicherungsverhältnis in der privaten Krankenversicherung oder umgekehrt oder bei Änderung des Krankenversicherungsumfangs wird die pauschale Beihilfe höchstens in der vor der Änderung gewährten Höhe gewährt. Beiträge eines Arbeitgebers oder eines Sozialleistungsträgers zur Krankenversicherung oder ein Anspruch auf Zuschuss zum Beitrag zur Krankenversicherung aufgrund von Rechtsvorschriften oder eines Beschäftigungsverhältnisses sind auf die pauschale Beihilfe nach Satz 1 in Verbindung mit Satz 2 anzurechnen. Die oberste Dienstbehörde, im Bereich des Landes das für das Beihilferecht zuständige Ministerium, regelt durch Verwaltungsvorschrift das Verfahren zur Antragstellung, Festsetzung und Zahlung der pauschalen Beihilfe.
(7) Das für das Beihilferecht zuständige Ministerium regelt im Einvernehmen mit dem für das Beamtenrecht zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung das Nähere zu den beihilfeberechtigten Personen und den berücksichtigungsfähigen Angehörigen sowie zu Inhalt und Umfang der Beihilfen mit Ausnahme der pauschalen Beihilfe nach Absatz 6. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können insbesondere Bestimmungen getroffen werden über
1. Höchstgrenzen,
2. den Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen, Behandlungen, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, deren diagnostischer oder therapeutischer Nutzen nicht nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nachgewiesen ist,
3. den Ausschluss der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, die zur Behandlung geringfügiger Erkrankungen bestimmt sind und deren Kosten geringfügig oder der allgemeinen Lebenshaltung zuzurechnen sind,
4. die Beschränkung der Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Untersuchungen und Behandlungen, Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Geräte zur Selbstbehandlung und Körperersatzstücke, Krankenhausleistungen, häusliche Krankenpflege, Familien- und Haushaltshilfen, Fahrt- und Unterkunftskosten, Anschlussheil- und Suchtbehandlungen sowie für Rehabilitationsmaßnahmen auf bestimmte Personengruppen, Umstände oder Indikationen,
5. Eigenbehalte und -beteiligungen,
6. Belastungsgrenzen und
7. die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken.
Die Bestimmungen nach Satz 2 können sich an die Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anlehnen. Die Rechtsverordnung nach Satz 1 bedarf der Zustimmung der für das Beihilfe- und Beamtenrecht zuständigen Ausschüsse des Landtags.
(8) Die Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften, Zweckverbände und Landkreise sowie sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts können sich zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus Absatz 1 der Dienstleistungen geeigneter Unternehmen bedienen und hierzu die erforderlichen Daten nach Maßgabe des Artikels 28 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.05.2018, S. 2) übermitteln. Die mit der Beihilfebearbeitung beauftragte Stelle darf die Daten, die ihr im Rahmen der Beihilfebearbeitung bekannt werden, nur für diesen Zweck verarbeiten.
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Red 20231023